Entkerntes Wohn- und Geschäftshaus . Wallgutstraße . Konstanz
4.-6. April 2025
WP Site Responsive Art . HTWG Konstanz . SoSe 25
mit Studierenden der Architektur (BA8 und MAR)
in Kooperation mit Müller Projektentwicklung
Ortsbezogene Kunstwerke . Entkerntes Wohn- und Geschäftshaus
Das Örtchen
Lea Binder . Katja Kretschmann-Kachniaschwili . Constanze Musiolik . Tobias Pehmöller
Zwischen Abrissbirne und Bauschutt, wo werktags der Lärm regiert, haben wir einen besonderen Ort unter die Lupe genommen: das stille Örtchen. Aber nicht irgendeines – so hell scheint das Tageslicht hinein in diesen langen schmalen Raum, indem die Tür und die Wandbekleidung schon abgerissen sind. Mitten im Fokus steht hingegen grotesk die Toilette, formvollendet und weiß glänzend. Diese Fotostrecke beleuchtet den kleinen Rückzugsort und beschäftigt sich mit der Frage wie wir Orte noch wahrnehmen können. Zwischen Humor, Alltag und einer Prise Poesie – willkommen auf dem vielleicht ungewöhnlichsten Örtchen, das ihr je gesehen habt.
Schrecklich schön – Der Keller
Chiara Hummel . Enija Ikanovic . Marvin Molde . Mika Morhard . Katja Schönberger . Alina Veit
Der Keller ist ein Ort des Verborgenen. Unter unseren Füßen, fern vom Alltag, lagert hier das Ausrangierte, das Vergangene, das Verdrängte. Er ist ein Raum, der oft gemieden wird, weil er Erinnerungen birgt, die lieber im Dunkeln bleiben. Feuchte Wände, schwaches Licht, das Echo der eigenen Schritte: Der Keller spricht mit einer anderen Stimme als der Rest des Hauses. Und genau hier setzt unsere Installation an.
Mit Fundstücken aus dem verlassenen Gebäude wurde eine narrative Intervention geschaffen: In einer Ecke erstrahlt der Keller in unerwartetem Glanz. Frisch gestrichene Wände in einem freundlichen Ton kontrastieren mit der rohen, rissigen Umgebung. Ein gedeckter Tisch, begleitet durch Kerzenlicht und Pflanzen, wirkt wie ein Fremdkörper – oder ein schauriges Zitat von Wohnlichkeit.
Doch die Teilung des Raumes lässt diesen Schein trügen. Mitten im Keller verläuft eine unsichtbare Grenze: links die Illusion von Behaglichkeit, rechts die Brutalität des Abbruchs. Der Raum verwirrt. Nichts ist eindeutig.
Die Installation hinterfragt nicht nur die physische Struktur des Kellers, sondern auch unsere psychologische Beziehung zu ihm. Der scheinbare Trost der aufgewerteten Zone entlarvt sich bei genauerem Hinsehen als Maskerade, als surreales Bühnenbild, das den Keller nicht verwandelt, sondern ihn nur tiefer entblößt.
Rauminstallation ca. 4 × 2 × 2,5 m . gezeigt am 6. April 2025
Entkernter Raum
Nico Seiberle . Fabian Schweiss . Thore Dalichow
DIn einem alten, abrissreifen Fachwerkhaus wurde ein einzelner Raum vollständig entkernt. Sämtliche nachträglich eingebauten Elemente – von Heizkörpern über Elektrokabel bis hin zu Gipskartonplatten – wurden entfernt. Auch die abgehängte Decke wurde zurückgebaut, um die ursprüngliche Struktur wieder sichtbar zu machen.
Ziel des Projekts war es, im Moment des Verschwindens das Ursprüngliche wieder zum Vorschein zu bringen. Die nachträglichen Modernisierungen – oft mit fragwürdigen Materialien wie Rigips oder sogar Asbest – hatten die ursprüngliche Qualität des Hauses überdeckt und entwertet. Durch die gezielte Rückführung auf das alte Fachwerk mit seinen natürlichen Baumaterialien wurde die ursprüngliche Schönheit und handwerkliche Qualität des Hauses wieder erfahrbar gemacht – gerade im Moment seines drohenden Endes.
Flucht aus der Wallgutstraße
Beatriz Aguiar . Malin Dimmler . Camilla Sättele . Thea Schäfer . Clara Zimmermann
Ein unscheinbares Haus in der Wallgutstraße, das am 7. April abgerissen werden soll, steht im Zentrum dieses Site Responsive Art Workshops. Es geht nicht nur um ein Gebäude – sondern um einen Ort, in dem Leben stattgefunden hat. Um Spuren, Erinnerungen, Alltagsgegenstände, die nun zurückgelassen wurden.
Damit das Unsichtbare sichtbar gemacht wird, rückt das Projekt genau diese Gegenstände ins Zentrum: Möbel und Dinge, die einst Teil eines Zuhauses waren, werden aus dem Haus heraus sichtbar gemacht – für Passant*innen, für die Straße.
Ein Stop-Motion-Film verleiht den Dingen Leben. In ihm erwachen die Möbel im Inneren des Hauses zum Leben und beginnen ihre Flucht – als müssten sie das verlassene Zuhause selbstständig verlassen, bevor es verschwindet. Die Gegenstände werden vermenschlicht, das Haus erscheint lebendig, beinahe wie ein Organismus, der sich in seine Einzelteile auflöst.
Der Film endet mit einem starken Bild: Die Möbel hängen aus dem Fenster, an Kabeln befestigt – eingefroren im Moment der Flucht. Dieses Bild bleibt bis zum Tag des Abrisses bestehen.
Stop Motion Film (00:01:06)
Fotografische Dokumentation
Heinrich Knödler
Bei dieser Arbeit sollte eine fotografische Auseinandersetzung mit dem Ort gewagt werden. Mit dokumentatorischem Blick wurde der vorgefundene Zustand einiger Innenräume des Bauwerks festgehalten. Um dem wahrheitlichen Anspruch gerecht werden zu können, wurde als Mittel die analoge Schwarz-Weiß Fotografie gewählt. Die dabei entstandenen Fotografien sind als eine Reihe verschiedener Blickwinkel zu verstehen, die versuchen, sich dem Raum und seinem Inhalt anzunähern. Sie bewegen sich vom Fernen ins Nahe und vom Groben ins Feine. Die Bildausschnitte fassen immer Kleineres ins Auge und suchen Kompositionen, bei denen verschiedene Materialien, Oberflächen und Lichtsituationen aufeinandertreffen und untereinander Spannung aufbauen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Betrachtung des Abfalls, der bei der Freilegung des Gebäudeskeletts angefallen ist und der auf den schmalen Grad zwischen einem belebten und einem toten Raum verweist.
Analogfotografie . Mittelformat
Sound of Wallgutstreet
Moritz Morgenthaler . Gero Bessel
Im Rahmen des Kurses Site Responsive Art haben wir – Moritz Morgenthaler und Gero Bessel – uns mit den Geräuschen auseinandergesetzt, die von Gegenständen und teils zerstörten Bauteilen auf einer stillstehenden Baustelle stammen. Die Baustelle eines Hauses kurz vor dem Abriss diente uns als Ausgangspunkt, um klanglich und visuell auf das zu reagieren, was der Ort noch hinterlässt, bevor er endgültig verschwindet.
Wir begannen damit, über das Gelände zu laufen und gezielt Sounds aufzunehmen, die durch das Klopfen, Treten, Werfen oder das bewusste Benutzen verschiedener Objekte und Materialien entstanden. Gleichzeitig hielten wir die jeweiligen Gegenstände fotografisch fest, um eine visuelle Verbindung zum Ursprung der Geräusche herstellen zu können.
In der anschließenden Produktionsphase arbeiteten wir mit dem Programm GarageBand. Dabei legten wir großen Wert darauf, die Echtheit der aufgenommenen Sounds zu erhalten. Die Tonaufnahmen wurden nicht in ihrer Tonhöhe oder Klangfarbe verändert – lediglich manche Sounds haben wir zur besseren Strukturierung gekürzt.
Unser finaler Track trägt den Titel Sound of Wallgutstreet und ist in drei Teile gegliedert:
Der erste Teil bildet das rohe und chaotische Klangbild der Baustelle ab – eine direkte Übersetzung der vorgefundenen Situation. Im Kontrast dazu stehen zwei strukturierte Abschnitte, in denen wir die gleichen Sounds in rhythmische und musikalische Kontexte einbetten: einmal in Form eines Hip-Hop-Beats, einmal im Stil eines Techno-Tracks. Diese beiden musikalischen Phasen symbolisieren die Idee, dass durch Ordnung und Struktur selbst aus Fragmenten und scheinbarem Chaos etwas Funktionierendes und Ästhetisches entstehen kann – ähnlich wie beim Bau eines Hauses.
Begleitend zum Track zeigen wir die Bilder der aufgenommenen Gegenstände. So entsteht für die Betrachtenden eine Verbindung zwischen Klang und visuellem Ursprung – eine mehrdimensionale Erfahrung, bei der das Gehörte direkt in Beziehung zum Gesehenen gesetzt wird.
Sound of Wallgutstreet versteht sich als künstlerischer Versuch, den Moment des Übergangs einzufangen – zwischen Stillstand und Abriss, zwischen Zufall und System.
Video . 2:59